Konstruktivismus ist eine erkenntnistheoretische Position – also eine Theorie darüber, wie wir zu Wissen kommen und was wir überhaupt wissen können. Sie geht davon aus, dass Wissen und Wirklichkeit nicht einfach „da draußen“ existieren, sondern von uns Menschen aktiv konstruiert werden.

Bereits beim Versuch, die Welt zu beschreiben, formen wir sie – durch unsere Wahrnehmung, Sprache, Kultur und persönliche Geschichte. Es geht dabei weniger darum, eine objektive Wahrheit zu entdecken, sondern zu verstehen: Wissen ist eine Konstruktion unseres Geistes.

Als ich das erste Mal über diese Idee stolperte, hat es klick gemacht: Die Welt war nicht mehr nur ein Objekt vor meinen Augen – sie war auch in mir. Das hat meinen Blick auf Gespräche, Entscheidungen, sogar auf meinen Beruf grundlegend verändert.

Die verschiedenen Strömungen: von radikal bis sozial

Radikaler Konstruktivismus

In der radikalen Variante behaupten Denker wie Ernst von Glasersfeld, dass es keine objektive Realität gibt – jede Wahrnehmung ist ein subjektives Konstrukt. Zentral ist hier der Begriff der Viabilität – also: Ist das, was ich denke oder glaube, in meinem Erleben brauchbar und stimmig?

Sozialer und interaktionistischer Konstruktivismus

Hier steht die soziale Dimension im Mittelpunkt: Wissen entsteht durch Kommunikation und Austausch. Gruppen schaffen gemeinsam Bedeutungen, etwa in Sprache, Kultur oder Medien. Vertreten wird dieser Ansatz u. a. durch Lev Vygotsky oder Paul Watzlawick – besonders in pädagogischen Kontexten, aber auch in der konstruktivistischen Psychotherapie.


Wer sind die wichtigsten Vertreter:innen?

  • Jean Piaget (Schweiz): Begründer des kognitiven Entwicklungs-Konstruktivismus. Kinder konstruieren Wissen aktiv durch Erfahrungen mit ihrer Umwelt.
  • Lev Vygotsky (Russland): Betonung der sozialen Dimension des Lernens – Wissen entsteht durch kooperative Interaktion.
  • Ernst von Glasersfeld (Deutschland/USA): Begründer des Radikalen Konstruktivismus, prägte den Viabilitätsbegriff, betonte die Vielfalt der Wirklichkeitskonstruktionen.
  • Paul Watzlawick (USA): Kommunikationstheoretiker, bekannt durch das Werk „Die erfundene Wirklichkeit“ – mit Beiträgen über Wahrnehmung, Sprache und selbsterfüllende Prophezeiungen.
  • Heinz von Foerster (Österreich/USA): Kybernetiker und Philosoph, formulierte den Kernsatz: „Handle stets so, dass die Anzahl der Wahlmöglichkeiten größer wird.“ – eine Einladung zu Verantwortung und Freiheit.
  • Alexander Wendt (USA/Deutschland): Begründer des strukturellen Konstruktivismus in der Politikwissenschaft – Staaten formen ihre Interessen durch soziale Interaktion.
  • Alexei Gan (Russland): Vertreter der russischen Avantgarde – formulierte den Konstruktivismus als radikale Kunst- und Gesellschaftsform zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Warum Konstruktivismus gerade für dich spannend sein kann

  • Er öffnet den Blick: Unsere Sicht auf die Welt ist nicht neutral. Gerade als Einsteiger:in merkt man schnell, wie unterschiedlich Menschen dieselbe Situation wahrnehmen können.
  • Er ermuntert zum Forschen: Wenn Wirklichkeit konstruiert wird, kannst du lernen, deine eigenen Denkweisen zu hinterfragen – und zu gestalten.
  • Er liefert kritische Werkzeuge: Für Bildung, Kommunikation, Politik – ein konstruktivistisches Verständnis hilft, Machtverhältnisse, Medienwirkungen und eigene Denkmuster besser zu durchschauen.

Hast du dich schon mal gefragt, warum zwei Menschen dieselbe Nachricht völlig unterschiedlich auffassen – einer ist empört, der andere findet sie harmlos? Genau solche Fragen laden ein, tiefer zu graben.


Empfehlenswerte Werke & Rezensionen

  1. „Die erfundene Wirklichkeit“ (Hrsg. Paul Watzlawick): Eine zentrale Sammlung mit Beiträgen u. a. von Ernst von Glasersfeld, Heinz von Foerster und Watzlawick selbst. Empfehlenswert, um die Grundlagen konstruktivistischen Denkens kennenzulernen. → Zur Wikipedia-Seite
  2. Fritz B. Simon – Einführung in Systemtheorie und Konstruktivismus: Kompakter Überblick, der beide Konzepte verbindet. Für Leser:innen mit Interesse an systemischem Denken nützlich, für Einsteiger jedoch etwas anspruchsvoller. → Rezension auf socialnet.de
  3. Ist noch zu vervollständigen

Fazit – Das Wichtigste auf einen Blick

PunktWarum es zählt
Wissen = KonstruktionWirklichkeit entsteht durch unser Denken, Fühlen, Sprechen
Vertreter:innenPiaget, Vygotsky, Glasersfeld, Watzlawick, Foerster, Wendt
Mehr PerspektivenIndividuelle & soziale Konstruktionen sind relevant
Motivation zum DenkenDu kannst deine Sicht aktiv hinterfragen und weiterentwickeln

Abschlussgedanke – aus meiner Weltsicht

Ich finde den Konstruktivismus faszinierend, weil er dem Denken eine aktive Rolle gibt: Du bist nicht bloß passiver Empfänger von „Wahrheiten“, sondern Mitgestalter deiner Wirklichkeit. Das zu erkennen, war für mich ein befreiender Moment.

Es ist nicht notwendig, alles auf einmal zu verstehen. Man kann Schritt für Schritt beginnen – mit einfachen Fragen: Wie formt Sprache meine Wahrnehmung? Wie entsteht Wissen in meiner Umgebung? Wie würde ich selbst entscheiden, wenn ich an eine andere Wirklichkeit glaubte?

Konstruktivismus ist keine endgültige Antwort – sondern eine Einladung. Zum Denken. Zum Infragestellen. Und zum eigenständigen Verstehen.

Viel Freude beim Entdecken dieses spannenden Weltbildes – und beim eigenen Nachdenken!

Ein kleiner Hinweis
Die Gedanken in diesem Beitrag entspringen meiner eigenen Sicht auf die Dinge – einer Sicht, die sich laufend entwickelt. Beim Schreiben lasse ich mich von Künstlicher Intelligenz unterstützen: für Struktur, Lektorat, SEO und die Gestaltung der Bilder. Die Illustrationen orientieren sich am Stil klassischer japanischer Tuschemalerei – ein Ausdruck für meine Vorliebe für das Leise, das Spielerische, das Offene.
Was ich hier teile, ist kein fertiges Wissen. Es ist ein Zwischenstand auf meiner Reise – vielleicht auch ein Impuls für deine.